geboren am 24. Januar 1884 in München,
Deutscher jüdischer Herkunft,
Brauereibesitzer,
seit 1927 und nach 1945
Mitglied beim FC Bayern,
Förderer des Clubs,
Emigration am 12. Dezember 1935 Zürich, Schweiz,
1936 nach New York, USA,
gestorben am 15. Dezember 1970 in New York City, USA.
Hermann Schülein wurde am 24. Januar 1884 – am Donnerstag dieser Woche vor genau 135 Jahren, in München geboren. Der Sohn des jüdischen Brauereibesitzers Joseph Schülein und seiner Frau Ida trat nach der Studienzeit (Ökonomie, Philosophie und Jura) in die Fußstapfen seines Vaters.
Der Vater Joseph Schülein, aufgrund seines Stadtteils sowie seinen vielen Wohltaten dort auch als „König von Haidhausen“ bekannt, gründete die Unionsbrauerei und übernahm die Münchner Kindl Brauerei sowie viele Münchner Gasthäuser. Hermann Schülein lernte bei seinem Vater das Brauer-Handwerk von der Pike auf und wurde 1911 zum Direktor von Unionsbräu und der Kindl Brauerei. Unter seiner Regie entwickelte sich das Unternehmen zur zweitgrößten Aktienbrauerei Bayerns.
Anfang 1921 hat Hermann Schülein großen Anteil an der Fusion mit Löwenbräu. Zugleich rückt er in den Vorstand von Löwenbräu, sein Vater Joseph wurde Mitglied des Aufsichtsrats. Im März 1924 wird Hermann Schülein zum Generaldirektor und Vorstandsvorsitzenden von Löwenbräu.
Zudem ist Hermann Schülein im Aufsichtsrat der Spatenbrauerei, der Bank für Brau-Industrie Dresden-Berlin sowie des Monoris Trockenfutterwerks, sitzt im Bayrischen Beirat der Deutschen Bank und übt noch weitere Ämter aus.
Er entwickelte Löwenbräu, die vor der Fusion in eine finanzielle Schieflage geraten waren, zur größten bayrischen Brauerei. Selbst nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde Hermann Schülein aufgrund seiner geschätzten Expertise sowie seines Netzwerks als jüdischer Generaldirektor bei Löwenbräu belassen. 1935 trat er dann aufgrund des Drucks der Nazis von seinem Amt zurück.
Schon um die Jahrhundertwende hatten die Schüleins mit Anfeindungen und Verleumdungen von Nationalisten und Antisemiten zu kämpfen. Löwenbräu als größte Brauerei Bayerns wurde von den Nazis als „minderwertiges Judenbier“ bezeichnet.
Hermann Schülein musste schnell seine Münchner Heimat verlassen, schaffte 1936 die Flucht vor den Nazis und emigrierte nach Amerika nach der gigantischen Zahlung der sogenannten „Reichsfluchtsteuer“ in Höhe von 250.000 Reichsmark. Die damalige Zahlung auf heutige Zeiten umgerechnet würde bei rund 2 Millionen Euro liegen.
Doch das soll es noch lange nicht gewesen sein. Im Mai 1942 wird das gesamte Vermögen der Schüleins nach der „Verordnung zum Reichsbürgergesetz“ durch die Nazis enteignet.
Nach Ankunft in New York macht sich der Brauer Hermann Schülein direkt wieder ans Werk. Er sprach kein Wort Englisch, lernte verbissen monatelang Tag und Nacht bis er sich im amerikanischen Geschäftsleben in der ihm fremden Sprache ausdrücken konnte. Aufgrund seiner Erfahrungen wurde er als Direktor der Liebmann Brauerei aufgenommen, wo er allen voran der Marke „Rheingold Beer“ zu großem Erfolg verhalf. Rund 30 Jahre lang war Rheingold das meist gefragte Bier im Großraum New York.
Doch auch im fernen Amerika schlug sein Herz immer noch für seine Heimatstadt München sowie für seinen Verein FC Bayern.
Bereits seit 1927 war Hermann Schülein Mitglied und Förderer des FC Bayern. Als seine Bayern 1954 die Sportanlage an der Säbener Straße ausbauen wollte, wurden die FCB-Mitglieder über die Clubzeitung zu Spenden aufgerufen. Einer der Ersten war Hermann Schülein, der seinen Herzensclub aus dem entfernten Amerika finanziell unterstützte. „Es scheint fast als ob mit der Weite der Entfernung von München diese wahrhaft tätige Liebe zum FC Bayern wächst“, schreibt der damalige FCB-Präsident Dr. Fischer.
Im Sommer 1960 reiste die Mannschaft des FC Bayern erstmals zu Freundschaftsspielen nach Amerika, Hermann Schülein empfing die Gäste aus München herzlich in seiner Rheingold Brauerei und kümmerte sich auch an den folgenden Tagen rührend um seinen Club.
Auch der Münchner Bevölkerung half Hermann Schülein nach dem Krieg mit zahlreichen Care Paketen. Er besuchte seine Heimatstadt München noch mehrfach zu verschiedenen Anlässen, vor allem zur Wiesn war er immer wieder gerne im Löwenbräu Festzelt zu Gast.
Am 15. Dezember 1970 verstarb Dr. Hermann Schülein und war bis zum letzten Tag stolzes Mitglied des FC Bayern.
Seine Liebe zu unserer Stadt München – trotz allem was er, seine Familie und viele seiner Freunde und Weggefährten wegen den Nazis durchleben mussten – wird in seinem folgenden Gedicht mehr als deutlich:
„Wenn ich die Türme seh‘
Dann tut das Herz mir weh.
Wahrzeichen einer Stadt
Die mich im Banne hat!
Von Dir einst jäh verbannt
Hat Wunden tief gebrannt.
Doch sind verheilt die alten Wunden,
Es hat sich Herz zu Herz gefunden.
Nun bleib die Weltstadt mit dem Herz
Du „München“ fortan immerwärts
Wie man der Mutter stets verzeiht
Verzeih‘ der Mutterstadt ich heut‘,
Stolz, daß meine Wiege dorten stand
Grüß dich mein liebes Bayernland!
(New York, 24.1.1964)“
Teile dieses Gedichts waren im Rahmen des Erinnerungstags 2019 bei der Choreografie der Schickeria in der Südkurve zu lesen, die im Gedicht zitierten berühmten Türme unserer Stadt waren dabei mit dem FCB Wappen und Hermann Schülein auf einer Fahne zu sehen – begleitet von unseren Clubfarben.
Die Kurt Landauer Stiftung kümmert sich seit einigen Jahren um die Pflege der Grabstätte der Familie Schülein auf dem Israelitischen Friedhof, an dem auch ein Gedenkstein für Dr. Hermann Schülein steht.
Quellen:
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